05.04.2022 | Veranstaltung mit Susmit Banerjee
Betriebsratswahlen 2022
Alle vier Jahre werden in Deutschland zwischen dem 1. März und 31. Mai die Betriebsräte gewählt. Betriebsräte und Betriebsratswahlen sind etwas zutiefst Demokratisches, aber leider nicht selbstverständlich. Zeit also, sich um Arbeitnehmer:innenrechte und die Rolle von Betriebsräten zu kümmern, denn sie gehören zur DNA der SPD.
Wir waren sehr erfreut, dass unser Genosse Susmit, Betriebsrat bei Shell Deutschland und Mitglied der Gewerkschaft IGBCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie), unsere AfA-Gruppe am 28.03. besucht hat. In seinem Betrieb haben gerade die Betriebsratswahlen stattgefunden und er wusste einiges zu berichten.
Betriebsratswahlen mit Homeofficepflicht
Für die Wahlen haben sich die Kandidat:innen in drei unterschiedlichen Listen zusammengefunden, eine davon hat Susmit angeführt. Aber wie funktionieren Betriebsratswahlen, wenn sich die Mitarbeitenden zu Hause und nicht in der Firma befinden? „Normalerweise gibt es die Wahlunterlagen nur per Post nach Hause auf Anfrage der Wählenden“, sagt Susmit. Direkt nach Hause wird der Stimmzettel sonst nur geschickt, wenn sich die Person zum Beispiel in Elternzeit befindet. Dieses Jahr gestalteten sich die Wahlen jedoch anders, da es in Deutschland aufgrund der Pandemielage noch die Homeoffice-Pflicht gab. Um mit diesem Umstand umzugehen, wurden die Wahlunterlagen an alle Mitarbeitenden nach Hause geschickt und selbstverständlich am Wahltag zusätzlich eine Wahlurne aufgestellt, nämlich für die Mitarbeitenden, die lieber im Betrieb wählen wollten. Durch diese Kombination verbunden mit einer Informationskampagne über das firmeninterne Intranet gelang eine hohe Wahlbeteiligung von 72 Prozent! Übrigens hat die Liste „Die FairMittler“ die Wahl gewonnen und Susmit wird jetzt Vorsitzender des Betriebsrates.
Welche Rollen nimmt ein Betriebsrat ein?
Da gibt es drei Rollen meinte Susmit etwas scherzhaft: Man sollte Politiker:in, Pastor:in und Para-Jurist:in in einer Person sein. Viele Dinge müssen bedacht werden, etwa vergleichbar mit komplexen Zusammenhängen in der Kommunalpolitik, enge Kommunikation mit den Gewerkschaften und Gewerkschaftsjurist:innen. Verfahrensfragen müssen geklärt werden, die wir auch aus der Parteiarbeit kennen, individual-arbeitsrechtliche Fragen, wie z.B. Beförderungen, Einstellungen und auch Kündigungen. Ein bisschen Coach & Kummerkasten sein, gehört auch dazu: oft fehlen aufgrund der vielfach ausgedünnten Personalabteilungen in den Betrieben schlicht und ergreifend die Ansprechpartner:innen für die Mitarbeitenden, wenn es um (arbeitsrechtliche) Fragen geht. Hier vermittelt der Betriebsrat und steht für die verschiedensten Fragen zur Verfügung.
Wie & wo hilft der Betriebsrat wenn ein Mitarbeitender in trouble ist?
Bei sozialen Angelegenheiten hat der Betriebsrat am meisten Mitspracherecht, z.B. wenn der Betrieb eine neue Raucherecke baut. Wie diese aufgebaut wird, entscheidet der Betriebsrat mit. Bei wirtschaftlichen Fragen hat der Betriebsrat weniger Mitspracherechte, aber er wird darüber informiert, wie es um den Betrieb steht, z.B. sitzen im Wirtschaftsausschuss Mitglieder des Betriebsrats. Im personellen Bereich gibt es wieder viel zu tun. Betriebsräte sind „die Augen und Ohren der Belegschaft“, sagt Susmit.
Kündigungen, Einstellungen, Beförderungen
Wird ein neuer Mitarbeitender gesucht, so wird der Betriebsrat beim Einstellungs-Verfahren mit einbezogen. Der Lebenslauf der ausgesuchten Bewerberinnen und Bewerber geht ebenso an den Betriebsrat. Auch muss das Gehalt zur ausgeschriebenen Stelle passen. Der Betriebsrat prüft, ob dies auch wirklich so ist. Stimmt der Betriebsrat einer Neueinstellung nicht zu, weil zum Beispiel auch ein bestehender Mitarbeitender intern auf eine vergleichbare Stelle wartet und von Kündigung bedroht ist, so hat der Betrieb die Möglichkeit, durch eine/einen Richter:in eine Zustimmungs-Ersetzung zu erwirken. Auch bei Kündigungen muss der Betriebsrat einbezogen werden.
Fragen und Blick in die Zukunft
Im Betriebsverfassungsgesetz steht festgeschrieben, dass ein Betriebsrat zu einem bestimmten Anteil durch das jeweilige Minderheitengeschlecht eines Betriebs zu besetzen ist. Das heißt, wenn beispielsweise weniger Frauen als Männer in einem Betrieb arbeiten, müssen die Frauen trotzdem mit einer bestimmten Anzahl Sitzen im Betriebsrat vertreten sein. Susmit gibt zu bedenken, dass überhaupt noch nicht geklärt ist, was man tut, wenn ein mitarbeitender Mensch dem dritten Geschlecht angehört. Dies ist aktuell auch Gegenstand eines Antrags der AfA Hamburg an den AfA Bundeskongress.
Auch gibt es rechtlich bisher nicht die Möglichkeit, einen Co-Vorsitzenden zu installieren, es gibt nur Vorsitz und Stellvertretung(en).
Wir sehen also, auch im Bereich der Betriebsräte sind Modernisierungen dringend erforderlich.
Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung ist außerdem festgehalten, dass Betriebsratswahlen künftig auch digital stattfinden sollen.
Als AfA Hamburg-Eimsbüttel werden wir uns in diesem Quartal noch weiter mit Betriebsräten und deren Wahl beschäftigen. Genug Ideen für einen Antrag haben wir dank dem Input von Susmit allemal. Danke für deinen Besuch, Susmit!